Harter Kampf und 180°-Kehre für Marc Koch

Erstellt von Leo Köpp | |   LG NORD

10.2019 - 03.2020 Training in Birmingham, England

„In England gab es auch Einheiten, bei denen ich hinter den anderen hergerannt bin. Da sage ich mir dann: Nächstes Mal passiert mir das nicht mehr!“ Diese starke Motivation will unser 400m-Sprinter Marc Koch für den Weg nach Tokyo nutzen... über Birmingham. Dort schloss er sich im Oktober der starken Trainingsgruppe um Tony Hadley von der University of Loughborough an. „Die Vorbereitung lief überragend und hat auch richtig Spaß gemacht“, berichtet der begeisterte Berliner Athlet.

Das motivierende Umfeld hat er sich selbst geschaffen. Zusammen mit Kollege Patrick Schneider (LAC Quelle Fürth) gründete er in Birmingham eine WG und bestreitet das Training. Die beiden verstehen sich gut und Marc ist froh, da längst nicht alle Mitglieder der Trainingsgruppe Vollprofis sind, sondern Arbeit und Uni auf dem Programm stehen, einen Gefährten mit ähnlichem Tagesablauf zu haben. Beide sind ambitioniert. Marc sucht den Anschluss an die europäische Spitze, strebt regelmäßige EM-Teilnahmen an. Dafür hielt er nun einen nächsten Schritt für nötig.

Seit 2009 trainierte Marc sehr erfolgreich bei unserer hauptamtlichen Trainerin Nadine Großkopf. Die Zusammenarbeit lobt er auch rückblickend sehr. Im Interview ist Marc bescheiden, möchte sich nicht über seine Berliner Trainingspartner stellen und gibt erst auf Nachfrage zu, dass ausschlaggebend für den Tapetenwechsel doch war, mit Trainingskollegen zu trainieren, die auf und über seinem Niveau trainieren. „Da kannst du noch so einen guten Trainingsplan schreiben. Wenn dieser Reiz fehlt, erreiche ich nicht die gleiche Qualität“, erklärt er. „Wenn du das Training mit jemandem gemeinsam durchziehst und selbst ein Tief hast, er aber vielleicht gerade ein Hoch, dann bleibst du eben dran. Aufgrund der permanenten Reibungssituation kommt das Bisschen, das ich brauche. Das ist der Fortschritt, den ich anvisiere.“ Er trainiere nicht unbedingt größere Umfänge in England, sondern auf höherem Niveau. Sich gemeinsam durchzubeißen, durch den britischen Regen zu kämpfen, sei ein anderes Leiden. „Manche brauchen Ruhe im Training und zeigen im Wettkampf ihr Können. Aber ich nicht.“ Marc findet vielmehr den Wettkampfcharakter des Trainings gut. Er wächst daran, dass ihm jemand die Stirn bietet: „Da kann sich keiner ausruhen.“

Tony Hadley leitet ihn dabei mit erfahrener Hand. Der renommierte Sprint-Trainer führte bereits Athleten wie Matthew Hudson-Smith und Derek Redmond erfolgreich auf die internationale Wettkampfbühne. Marc lernte ihn bei seinem ersten Englandaufenthalt 2015 kennen. Seit Oktober trainiert er drei harte Wochen in England und dann eine lockere in Deutschland. Letztere wird mit einer Testeinheit abgeschlossen, in der der Trainingseffekt festgestellt werden soll. Die musste Marc schon ein paarmal allein in Deutschland absolvieren, aber er beschwert sich nicht. Insgesamt ist er froh, dass es so klappt, und fühlt sich mit der Pendelei und dem Fernstudium, als wäre der Sport sein Vollzeitjob. Als er 2015 gerade erst sein BWL-Studium in Berlin aufnahm, konnte er sich das noch nicht vorstellen. Inzwischen genießt er das Gefühl, dem Sport professionell nachzugehen. Die Sportbegeisterung stieg mit der Zeit: „Jetzt geht’s bald los. Die Olympischen Spiel sind dieses Jahr. Das wird cool!“, dachte er sich im Frühjahr.

„Das fehlt mir jetzt unheimlich!“ Vom Vollprofi zu 40 Wochenstunden Arbeit am Schreibtisch war es eine enttäuschende Halse. Die Priorität habe sich verschoben. Der Sportler ist auch am Schreibtisch nicht merklich weniger ambitioniert. Familie und Freunde bekommen da schon ein kleineres Stück vom Kuchen ab, als andere es während der Pandemie erleben. Am 13. März war Marc nach Deutschland gereist, um zwei Wochen vor dem Trainingslager noch ein bisschen Zeit mit der Familie zu verbringen und in Berlin statt Birmingham zu trainieren. Aus zwei Wochen wurden Monate. „Genau nach dem Wochenende setzten die Reisebeschränkungen ein“, erinnert er sich. Statt am 1. April mit den Briten nach Südafrika zu fliegen, um zu trainieren und erste Wettkämpfe zu bestreiten, zog er sein für die Zeit nach Tokyo2020 geplantes Praktikum vor. Nebenbei stürzt er sich Hals über Kopf in zwei weitere Uni-Module. In seinem Alltag gilt anscheinend – Pandemie hin oder her –, was Marc selbst schon hinsichtlich der Sprinter-Gruppe in Birmingham resümierte: „Da kann sich keiner ausruhen.“

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Marc Koch (Copyright footcorner)